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Der genialste Gatte von allen

Der genialste Gatte von allen.

Querschnitte 2005
KURZBESCHREIBUNG
LESEPROBE
KURZBESCHREIBUNG
Nichts für Spießer!
In der Anthologie Querschnitte 2005 präsentieren ausgewählte Autoren einen Ausschnitt ihres literarischen Schaffens. Mit einem Auszug aus einem bisher noch unveröffentlichten 240-seitigen Buchmanuskript “Der genialste Gatte von allen“ stellt die vielseitige Schriftstellerin Katharina Bachman auch ihr Können im Genre Satire unter Beweis.

Lachen garantiert!

LESEPROBE

Über die beste Ehefrau zu schreiben, ist mit größter Sicherheit ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Aber über den genialsten Gatten von allen zu berichten, das ist – Gott allein weiß wie ich litt – eine überaus sensible und mannigfaltige Mission. Insbesondere, wenn es sich um mein Herzblatt handelt. Der genialste Gatte von allen entpuppt sich nämlich häufig als das Mimöschen aller Mimosen und ist nur mit absoluter Samthandschuh-Taktik zu genießen. Nicht das er empfindlich sei. Nein! Das ganz sicherlich nicht. Aber man braucht eben ein solides und mit höchstem Grade abgeschlossenes »Samthandschuh-Diplomatie-Studium für fortgeschrittene Ehefrauen«, um mit ihm einen bescheidenen Konsens über die kleinen und alltäglichen Missverständnisse des Daseins zu erzielen, die unser Eheleben so an den Tag bringt.

Meine Wenigkeit quälte sich deshalb drei Semester durch dieses höchst anspruchsvolle und mit Sicherheit ausbildungsintensivste Studium. Nicht das es mir keinen Spaß gemacht hätte. Nein! Mitnichten. Never ever. Ich wusste jedenfalls nach Beendigung dieses Studiums genau wo es lang geht. Schon bei der ersten Anwendung meiner Weisheiten wurde ich vor eine gewichtige Aufgabe gestellt: An einem Samstagmorgen saßen mein Mann und ich gemütlich am Frühstückstisch. Aus der Küche mischte sich seit geraumer Zeit der kontinuierlich trommelnde Ton eines tropfenden Wasserhahnes in unser idyllisches Frühstücksszenario. Plop! Plop! Plop! Plop! Je mehr ich mich auf das tropfende Geräusch konzentrierte, um so lauter schien es mir. Allmählich fühlte ich mich ziemlich belästigt. Plop! Plop! Plop! Plop!. Kurze Zeit später spielte das Ding gefährlich mit meinem Nervenkleid. Unverschämt, dachte ich und klopfte im Takt des Tropfens auf meinem Frühstücks-Ei herum. Das schien dem tropfenden Wasserhahn ziemlich zu gefallen und er beschleunigte daher sein Tempo. Also aktivierte auch ich meine Attacken auf das Ei. Nach einer Weile war das Ei platt wie eine überfahrene Hutschachtel.

Der genialste Gatte von allen saß stocksteif hinter seiner Zeitung und ließ mich und den tropfenden Wasserhahn gewähren. Er würdigte uns keines Blickes. Also beschloss ich das Know-how meines Studiums sofort anzuwenden. Lektion EINS sah folgende Verhaltensregel vor: »Wie fühlst du dich heute Morgen, mein Herzblatt?«, war die erste Frage, die sanft und gepaart mit einem hinreißenden Augenaufschlag an das behaarte Ohr des genialen Gatten gelangte.
Ist die Antwort, ausgezeichnet, gehe man zur ZWEITEN Lektion über. Durch Fakten wie zum Beispiel, »der Klempner ist für mindestens zwei Monate indisponiert«, egal was das auch immer heißen mag, bereite man sich auf den Schwerpunkt des Anliegens vor. Mit der Frage, »hörst du das auch?«, führte ich mein Herzblatt sukzessive genau dorthin, wo ich ihn haben wollte.

Merke 1: Wenn allerdings die gereizte Gegenfrage kommt, »was denn?«, blase man für heute das ganze Unternehmen ab und verschiebe es auf einen späteren Zeitpunkt.

Merke 2: Wenn aber die ungereizte Formulierung der Gegenfrage wie zum Beispiel, »was meinst du denn, mein Schatz?«, an das unbehaarte Ohr der bescheidenen besseren Hälfte des genialsten Gatten von allen gelangt, fahre man leichte bis mittelschwere Geschütze aus, um mehr und mehr auf den Punkt zu kommen.

»Da klopft doch etwas?«, fragte ich gespielt. »Da klopfte etwas«, antwortete mein Gemahl komisch. »Und zwar, weil du so lange auf deinem Frühstücksei herumgeschlagen hast, dass du es jetzt unter der Türe hindurch schieben kannst.«
»Das meine ich nicht«, betonte ich auffallend scharf, »es muss etwas anderes sein.«

»Das Tropfen des Wasserhahnes hatte mittlerweile einen extremen Radau erreicht. Nach einem kurzen Aufhorchen meines Gatten kam seine entzückte Antwort: »Nein Liebling, es klopft nichts. Es tropft!«
»Aha. Aber was tropft?«, fragte ich naiv und nichts ahnend – so wie ich es gelernt hatte.
»Der Wasserhahn«, prahlte er überlegen, das Problem gleich im Griff habend.
»Aber warum tropft er denn?«, fragte ich zurück, immer mehr und mehr auf den besagten Punkt kommend.
»Es wird wohl an der Dichtung liegen!«, war seine hellseherische Antwort.
»Ach?«, bemerkte ich erstaunt, »hat der Wasserhahn auch eine Dichtung?«
»Nein«, spöttelte er etwas niedlich, »nicht das, was du denkst, Schätzchen. Das habe ich mit wenigen Handgriffen erledigt!«
Wahnsinn! Schneller als erwartet, aalte ich mich in einem Erfolgstaumel. Es hatte tatsächlich funktioniert! Lektion EINS und ZWEI konnten somit erfolgreich abgeschlossen werden. Nach dem Frühstück begab sich der genialste Gatte von allen in den Keller. Polternd, krachend, schimpfend und brüllend, kam er – in der Hand viele Maul und Schraubenschlüssel haltend – schon erholungsbedürftig die Kellertreppe herauf. Schweißgebadet schmiss er alles Werkzeug was er finden konnte, maulend vor den tropfenden Wasserhahn. »Der Keller muss auch mal wieder aufgeräumt werden«, brüllte das Herzblatt etwas spannungsgeladen. Jetzt nur nicht nervös werden, dachte ich nervös. Es folgte die Verwöhnlektion mit abweichender Strategie. »Möchtest du, während du hier schwer schuften musst, noch eine Tasse Kaffee … oder lieber eine Zigarette?« Sein Gesichtsausdruck verriet blitzschnell und unmissverständlich: Taktik fehlgeschlagen. Lieber Mund halten und laut und fröhlich singen oder Pfeifen.

Ein dicker Wasserstrahl, der wenig später in Brusthöhe quer durch die Küche schoss, ließ Zug um Zug begreifen, dass sich die überhöhten Gebühren für das Samthandschuh-Diplomatie-Studium nicht gelohnt hatten. »Meineeee Kücheeeeee«, schrie ich aufgekratzt. Dies hätte die bescheidene bessere Hälfte des Herzblattes lieber nicht cholerisch und so laut, dass die Fensterscheiben gefährlich vibrierten, durch die schon unter Wasser stehende Küche schreien sollen. »Hör schon auf«, brüllte mein Gemahl hitzig. Meint der Scheißkerl jetzt mich oder den Wasser­strahl? Indisponiert hin, indisponiert her. Jetzt muss erst einmal der Klempner kommen. In abso­luten Notfällen nämlich dann, wenn einem das Was­ser schon bis zum Halse steht kommen die auch schon mal inner­halb von vier Tagen. Der geniale Gatte war Hals über Kopf in sein Büro gefah­ren. Wichtige Termine, versteht sich! In man­chen Fällen haben Ehemänner auch an Sams­tagen wich­tige Termine, ganz unwillkürlich. Niemand weiß wieso. Am allerwenigsten er selbst.

Nun saß ich da, die bescheidene bessere Hälfte des genialsten Gatten von allen, pitschnass und mittlerweile hungrig wie ein Wolf. Das Mittag- und auch das Abendes­sen waren sozusagen ins Wasser gefallen und der Kühlschrank hatte ohnedies einen elektrischen Schlag bekommen. Somit war schnellstens ge­klärt, dass man bis auf weiteres ein Restau­rant aufsuchen musste. Also machte ich mich gemeinsam mit unseren bei­den Kindern Moritz und Julchen, auf die Suche nach einem geeigneten, netten und preisgünstigen Wirts­haus. Diese bescheidene und simple Destination entpuppte sich aller­dings schon sehr bald zu einem aus­gewachsenen Pro­blem. Das erste Lokal hatte wegen Ruhetag geschlossen. Bei Nummer zwei war bezüglich eines Trauerfalles ebenfalls niemand zu Hause. Nummer drei bewirtete schon eine ge­schlossene Gesellschaft. Nummer vier renovierte gera­de die Küche. Fünf konnten wir nicht mehr finden. Sechs hatte Urlaub und sieben war eine primitive Imbissbude, an die wir uns hinter weiteren zehn Hungrigen anstellten.

Am Abend lagen wir alle mit Durchfall und Erbrechen im Bett. Nur mein Ehegemahl, der sich in der Betriebskantine den Magen voll­ geschlagen hatte, war wohlauf und schlüpfte – notwendigerweise – in die Rolle einer Eimer wechselnden Kranken­schwester. „Die Klospülung funktioniert nicht”, rief mein Bester hektisch aus dem Bad. „Kein Wunder”, stöhnte ich blümerant, „du hast doch den Haupthahn der Wasserleitung abdrehen müssen.” „Na prima! Und was soll ich jetzt mit dem Inhalt des Ei­mers machen?” „Vergrab alles im Garten”, keuchte ich mit letzter Kraft.

Merkwürdig, dachte ich ein paar Tage später (als der Hund unserer Vermie­terin einen absonder­lichen Eimer ausgebuddelt und ihn sozusagen als Geschenk für Frauchen vor ihre Tür deponierte hatte), sonst macht mein mir gesetzlich angetrauter Ehemann doch nie, was ich ihm sage. Er besitzt nämlich die imposante Begabung ganz das Gegenteil von dem zu verwirklichen, was ich will.

Längst vergessen waren die ersten praktischen Studiumsanwendungen und der dicke Wasserstrahl, der in Brusthöhe durch die Küche geschossen war und mich dabei fast umge­schossen hätte. Urlaubszeit war angesagt. Mein Herzblatt suchte tage­lang hunderte von Prospekten nach einem geeig­ne­ten, nicht teuren, nahe am Strand gele­genen, minde­stens fünf Sterne habenden, exklusiv­sten und wie ge­sagt, günstigen Hotel. Als er völlig überdreht mit dicken Stapeln Pro­spek­ten unter den schon durchhängenden Armen wieder in diesem Rei­sebüro stand, machte ihm eine Dame, die hin­ter drallen Zigarettenqualmwolken kaum zu sehen war, Kau­gummi­ kauend und hitzig klar, „nah so was gibt’s doch gar nicht. Ich würde vorschla­gen, sie verbringen ihren Urlaub am be­sten zu Hause.”

„Was heißt hier gibt’s nicht, Sie schlaues Ding. Gibt’s nicht, gibt es nicht. Dann suchen Sie gefälligst danach”, brüllte der genialste Gatte von allen, wie gesagt, völlig überdreht. Die zahllosen Prospekte schmiss er ihr mit einem Rums, knapp an der Nase vorbei, auf den Schreibtisch. Durch den unver­muteten Luftzug, verschwanden für einen zierlichen Moment die derben Qualmwol­ken und mein Gemahl blickte in ein Gesicht, das er fast mit ei­nem spre­chenden Wackelpudding verwechselt hätte. Beim Hinausgehen vernahm er nochmals die voluminöse Stimme der drolligen Lady: „Besser, Sie lassen sich in eine Klinik einweisen. Da werden Sie von vorne bis hinten und von morgens bis abends betuttelt. Und die Ko­sten übernimmt auch noch ih­re Krankenkasse!”

Wild entschlossen, jetzt erst recht für ein paar Tage das Weite zu suchen, riefen wir Tante Olga in Buxtehude an. Tante Olga hat einen imposanten Bauern­hof, mit vielen kleinen, lieben und großen Tieren. Und ein oder gar zwei Zim­mer­chen, in denen wir uns wie zu Hause fühlen dürfen, sind si­cherlich noch frei. Wenn es sein muss, schlafen wir auch im Stall. Gesagt ge­tan. Tante Olga war begeistert und un­sere Kinder auch.

Schon das Verstauen des Reisegepäcks machte uns allen recht viel Freu­de. Julchen, die Kleinste aus der Verbindung mit meinem Herzblatt, steckte nur deshalb den Hamster Peterle in eine luftdicht ­ver­schließbare Tupperdose, in die wir eigentlich im­mer ihr Schulbrot ver­stauen, weil ich, ihre leibhaftige Mutter, ganz und gänzlich die Beherr­schung verlor, als der Hamster-Käfig unter verheeren­den Schreien meiner Kleinen in weniger als fünf Minuten, sechs Mal aus dem Auto ge­zerrt werden musste. Mein Entschluss, den Hamster auf der Stelle in ein Tierasyl zu spedieren, stand damit glas­klar fest. Was we­der des Hamsters noch Julchens Hoch­stimmung in wollü­stige Jubelschreie ausbrechen ließ. Damit Peterle wenig­stens als blin­der Passagier mitkom­men und nicht ab­hauen konnte, hatte Julchen ihn eben in eine Tupperdose gesteckt und die Fe­stigkeit des Tupper-Deckels, sicherheitshalber mit ei­nem Einmachgummi noch verstärkt.

Am Urlaubsort angekommen was soll ich Ihnen sa­gen Peterle hatte für immer und alle Zeiten das Zeitli­che gesegnet. Was allerdings auch gar kein Wunder war. Ich frage Sie, wer kann schon fünf Stunden lang die Luft anhalten? Und Moritz unser Prachtsohn hatte vermutlich un­seren beschei­denen kleinen Personenkraftwagen mit einem Lastkraftwagen ver­wechselt. „Ohne meinen Computer NEP MoltiSync 3 FG und meinen Laserdrucker Schlarp JX-9510 E-Turbo, fahre ich auf gar kei­nen Fall mit”, nörgelte das Mu­ster­balg herum. Mit athletischem Augenrollen und gleichzeitig wildem Fußge­stampfe (aber beider Füße) deutete sein Erzeuger in gewohnt lässiger Weise darauf hin, dass dies im Moment leider nicht möglich sei. „Das Ding bleibt da stehen wo es steht und du steigst jetzt in unser Son­der­modell XYZ mit Super-Hyper-Blitz-Airbag, sonst knallt’s, aber mit hundert­tau­send Ampere aus der neuen und einzigartigen Glasfieberleitung HART 1001.”

Nach diesem psychologisch hochwertigen und zielbewussten NEIN, saß der Ableger des genialsten Gatten von allen, wie eine angestrichene Salzsäu­le fünf Stunden lang still im Auto. Selbst als wir eine Pinkelpause machten, weigerte sich der jun­ge Idiot auf die Toilette zu gehen. Das Wasser stand ihm höchst wahrscheinlich schon bis an die Oberlip­pe. „Da muss er durch”, sagte sein Vater ohne mit der Wimper zu zucken und setzte noch hinzu: „Von diesem antiautoritären Erziehen habe ich näm­lich die Nase gestri­chen voll. So etwas kommt mir nicht ins Haus.” Ich wusste zwar nicht, was diese Situation mit antiau­tori­tärer Erziehung zu tun hatte, aber diese fast hy­sterische Aversion lag in der Begründung eines leib­haftig erlebten Erlebnisses, auf das ich in einem anderen Kapitel zurückkommen werde. Kehren wir erst einmal zurück, zu unserer Urlaubsreise nach Buxtehude.

Als Tante Olga schon von weitem unser Begrü­ßungshupen hörte, eilte sie aus der Eingangstüre des großen wundervollen Bauernhofes. Sie hätte uns höchst wahrscheinlich auch zeitgleich erreicht, wäre da nicht die Sau Frieda auf Treibjagd nach Lilly der Katze gewe­sen. Die Rechts-vor-Links-Regelung ist bei Tieren übrigens völ­lig außer Kraft gesetzt. Also sahen wir nur noch, wie Tante Olga in hohem, höchst undamenhaftem Bogen über den riesigen Hof des wundervollen Anwesens flog und dann mit einem tiefen Stöhnen ebenso tief in die erst vor weni­gen Tagen ge­füll­te Jauchegrube abtauchte. Frieda, die Sau lief in markerschütterndem, quiet­schen­dem Ton, so, als habe man ge­rade rabiat den Eber von ihr entfernt, Jottwede. Anscheinend hatte ihr Tante Olga beim Zusammenprall ein paar leichte bis mittel­schwere Prellungen beigebracht. Das Unglückstier blieb jedenfalls bis auf weiteres spurlos verschwunden. Tante Olgas schmerzende Prellungen und Verstauchungen versuchten wir durch kühle Umschläge und Eisbeutel zu lin­dern. Das blaue Auge würde si­cherlich in weniger als drei Wo­chen eben­falls spurlos verschwunden sein, so wie die Sau Frieda die noch immer nicht gesichtet wor­den war. Was uns al­lerdings recht große Sorgen und noch größere Mühen verursachte, war die Tatsache, dass sich Tante Olga beide Beine gebrochen hatte. Somit war klar, dass wir unseren Urlaub mit dem ausmisten von Schweine-, Hühner- und Kuhställen verbringen durften. Hätte der genialste Gatte von allen doch nur das Angebot des spre­chen­den Wackelpuddings aus dem Reisebüro ange­nommen. Denn jeglicher Kli­nikaufent­halt, egal in welcher Klinik auch immer, ist allenthalben ge­müt­licher als diese Schei… hier.

Während mein Herzblatt einen Schnellkurs im Traktor fahren absolvierte, übte ich mich im Melken von Kuheutern. Nach ein paar Tagen hatte er fünf Hühner platt gefahren und ich den zweiten Euterstutzen abgeris­sen. Seither wollte sich keine Kuh mehr von mir melken lassen. Wenn Eduard mit dem Traktor auf den Hof gefahren kam, flitzten die Hühner mit angsterfüllten Blicken in alle Himmelsrichtun­gen. Die platten Hühner haben wir übrigens in Tante Olgas Blumenbeet ver­graben, wo auch schon Julchens Hamster lag. Für eine Beerdi­gungszeremonie blieb allerdings wenig Zeit, denn die Hasen mussten noch dringend gefüttert werden. Diese attraktive Aufgabe hatte der genialste Gatte von allen ganz alleine übernommen. Schon in aller Frühe hatte er damit angefangen. Als er fertig war, schlug die Kirchturmglocke zwölf Uhr nachts. Aus rationellen Gründen hatte mein Bester alle Stalltürchen auf einmal geöffnet und wollte dann hin­ter­einander weg, das Futter in die geöffneten Ställe schmei­ßen. Anschließend wollte er sie, ebenfalls hin­tereinander weg, wieder schließen. Die Hasen fanden das so komisch, dass sie (sehr wahr­scheinlich) vor lauter Lachen aus den Ställen gepurzelt waren und daraufhin einen Ausflug durch das Kollektiv planten. Vermutlich haben sie gedacht, „dieser Psychopath hat uns der Himmel höchst persönlich geschickt. Also nichts wie weg hier”. Bis auf Drei hatte mein Bester alle wieder bei­sammen. Die fanden wir dann am nächsten Tag, ebenfalls platt wie Zeitungspapier, sechshundert Meter vom Hof entfernt, auf der einzigen Landstraße von Buxtehude. „Das war ich nicht!”, kreischte mein Herzblatt er­schüttert. Die Hasen ha­ben wir dann zwischen den fünf Hühnern und Julchens Hamster beerdigt. Die Kleine ba­stelte daraufhin sieben Holzkreuzchen und steckte sie zwi­schen die Gladiolen.

In der darauf folgenden Nacht wurden wir durch einen erbärmlich lauten Tumult aus dem Schweine­stall ge­weckt. Nur mit dem Notdürftigsten beklei­det, rasten wir alle in den Stall. Prügelnd und beißend rollten sich die Schweine auf dem matschigen Boden herum. Bis heute ha­ben wir nicht in Er­fahrung brin­gen können, weshalb die Schweine diesen Aufstand probten. Die Schweine sahen jedenfalls aus wie Schweine. Ich habe sie am nächsten Tag alle nacheinander in einer Zinkwanne ge­badet und ihnen hinterher rote, blaue, grüne und gelbe Schleifen, die ich ir­gendwo in einem al­ten Schrank gefunden hatte, umgebunden. Allerdings löste dies wiederum einen heftigen Tu­mult bei den Schweinen aus. Die Schweine, denen ich nämlich rote Schleifen umgebunden hatte, wollten lie­ber grüne Schleifen tragen und zettelten deshalb mit den Grüngeschleiften einen Streit an. Die Gelbgeschleiften Schweine waren ziemlich verrückt auf blaue Schleifen und prügelten sich deshalb mit den Rotge­schleiften, weil die Blaugeschleiften Schweine größer und stärker waren (Schweine vergreifen sich eben immer an den Schwächeren). Während die Gelb­geschleiften Schweine an die blauen Schleifen ge­kommen waren, tauschten die Grünge­schleiften Schweine ihre blauen Schleifen gegen gelbe Schleifen ein. Dar­aufhin schleiften die vormals Gelbgeschleiften Schweine, die jetzt Blauge­schleiften in eine Ecke und vermöbelten diese nach Strich und Faden. Jeden­falls habe ich das so gesehen. Wenige Stunden später war absolute Stille in dem Saustall und alle Schweine trugen plötzlich die glei­che Schleife: Mat­schbraun.

An irgendeinem Nachmittag kam Tante Olga auf die triumphale Idee, sie müsse unbedingt ihre Tiere inspizieren. Das leidige Liegen im Bett mache sie ohnehin debil. Aus der Nachbarschaft besorgten wir einen uralten Rollstuhl aus Holz, in den wir Tante Olga hineinmanö­vrier­ten. Diese eigentlich simp­le Aufgabe entfaltete sich allerdings zu einem ausgewachsenen Problem. Versuchen Sie mal eine Person mit zwei dicken Gipsbeinen in einem Roll­stuhl zu verstauen. Später rollten wir sie über den Hof, in die Ställe und über die Felder. Vorher hatten wir allerdings schleunigst die sieben Holzkreuz­chen aus ihrem Blumenbeet entfernt. Der genialste Gatte von allen ließ es sich auf gar kei­nem Fall nehmen, Tante Olga seine Fortschritte beim Traktor fahren vorzuführen. Aber wie das immer so mit dem Vorführen neuer Errungenschaften ist, es klappt nie. Eduard, mein Bester, hoppelte denn auch mit dem Traktor wie ein wild gewordenes Känguru über den Hof und kam bedrohlich nahe zu der Stelle, an der ich mit Tante Olga und dem Rollstuhl stand.

»Bring endlich dieses Ding zum Stehen«, schrie ich besorgt.

»Ich kann nicht«, schrie er ebenso besorgt zurück.  …  …  …

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Weitere Infos erhalten Sie direkt von der Autorin: info@katharinabachman.de

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